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Vielleicht ist es einigen auf Instagram, LinkedIn & Co. aufgefallen: Unsere duale Studentin Lissy hat zum Sommeranfang im Rahmen ihrer Bachelorarbeit eine Umfrage zum Thema Finanzberatung gestartet. Dabei durften wir uns über die Teilnahme von 240 Personen freuen!
Im Mittelpunkt der Arbeit stand die Frage, warum die Honorarberatung in Deutschland bisher ein Nischenphänomen ist. Während es in Ländern wie Großbritannien, den Niederlanden oder Australien längst ein Provisionsverbot gibt und Haushalte dort nachweislich höhere Renditen erzielen, liegt der Marktanteil der reinen Honorarberater in Deutschland bei gerade einmal 0,2%.
Die Auswertung der Befragung liefert spannende Einblicke: Was erwarten Menschen von einer Finanzberatung? Welche Erfahrungen haben sie bereits gemacht? Und wie bekannt ist die Honorarberatung eigentlich?
Was die Befragten von Finanzberatung erwarten
Die Umfrage zeigt deutlich, welche Kriterien aus Sicht der Befragten für eine gute Beratung entscheidend sind. An erster Stelle stehen verständliche Erklärungen (für 96% „eher wichtig“ oder „sehr wichtig“). Genauso hoch bewertet wurde die Transparenz der Kosten. Auch die fachliche Qualifikation der Berater spielte für 94% eine zentrale Rolle, ebenso wie die Berücksichtigung individueller Wünsche und Bedürfnisse (94%) sowie die Unabhängigkeit des Finanzberaters (86%).
Damit wird deutlich: Für die meisten ist eine Beratung wichtig, die klar, nachvollziehbar, individuell und frei von Interessenkonflikten ist.
Erfahrungen mit klassischer Provisionsberatung
Spannend ist dabei: Obwohl Transparenz und Unabhängigkeit den Befragten besonders wichtig sind, haben 72% eine Finanzberatung in Anspruch genommen, die üblicherweise provisionsbasiert vergütet wird. Dagegen gaben nur 19% an, von einem Honorarberater beraten worden zu sein.
Die Einschätzungen von denjenigen, die eine Provisionsberatung erhielten, zeigen deutliche Fehlwahrnehmungen: 74% erkannten zwar, dass ihre Beratung nicht unabhängig war, doch immerhin 17% hielten sie fälschlicherweise für unabhängig, weitere 9% waren unsicher. Noch gravierender ist die Wahrnehmung der Kosten: 89% der Befragten waren überzeugt, nichts für ihre Beratung gezahlt zu haben – tatsächlich erfolgt die Vergütung des Provisionsberaters über die im verkauften Finanzprodukt enthaltenen Kosten.
Eine weitere Frage verdeutlicht, dass diese indirekte Vergütung häufig nicht erkannt wird: Anhand eines Beispiels zur durchschnittlichen Provision bei Abschluss eines Altersvorsorgeprodukts wurde abgefragt, ob die Höhe der Vergütung sowie deren Tragung durch den Kunden bekannt war. Etwas weniger als die Hälfte der Befragten war sich dessen nicht bewusst. Ergänzend gaben über ein Drittel an, die Höhe der Provision gar nicht einschätzen zu können – ein Hinweis darauf, dass vielen die Maßstäbe fehlen, um Provisionskosten realistisch einzuordnen.
Wissenslücken zu Kosten in Finanzprodukten
Die Umfrage macht sichtbar: Viele Verbraucher haben erhebliche Wissenslücken in Finanzfragen. Knapp die Hälfte kennt die Kosten ihrer Produkte nur teilweise – dabei sind diese entscheidend für die langfristige Rendite. Auch beim Verständnis, wie Produkte Erträge erzielen und welche Risiken bestehen, herrscht Unsicherheit: 45% fühlten sich nur teilweise informiert, 13% kaum oder gar nicht.
Diese Defizite erschweren es, die Qualität von Finanzprodukten realistisch einzuschätzen und führen leicht zu teuren Fehlentscheidungen. Verstärkt wird dies durch ein passives Verhalten: Über ein Drittel der Befragten beschäftigt sich nur selten oder gar nicht mit der Entwicklung der eigenen Geldanlage – und riskiert so, ungeeignete oder überteuerte Produkte über Jahre hinweg fortzuführen.
Bekanntheit der Honorarberatung
Die Umfrage zeigt: Über die Hälfte der Befragten (52%) kennt die Honorarberatung gar nicht. Und selbst unter denen, die das Modell kannten, fühlte sich die Mehrheit nur unzureichend informiert. Das führt dazu, dass die Vorteile einer unabhängigen Beratung im Entscheidungsprozess oft gar nicht berücksichtigt werden.
Auch beim Vergleich mit der Provisionsberatung zeigen sich Wissenslücken: Nur 50% gaben an, darüber informiert zu sein, worin sich die beiden Modelle unterscheiden.
Besonders spannend: Nachdem die Unterschiede in den Vergütungsmodellen erklärt wurden, entschieden sich 55% der Befragten für die Honorarberatung, nur 5% für die Provisionsberatung. Ein Viertel gab an, zunächst noch mehr Informationen zu benötigen. Hauptgründe für die Wahl der Honorarberatung waren Unabhängigkeit (31%), Kostentransparenz (24%) und die Vermeidung von Fehlanreizen (18%).
Das belegt: Wenn Verbraucher die Unterschiede verstehen, spricht vieles für die Honorarberatung. Fehlendes Wissen ist das größte Hindernis, nicht mangelnde Akzeptanz.